Zusammenfassung des Urteils B 2010/13: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht hat in einem Steuerhinterziehungsfall entschieden, dass die Beschwerdeführerin schuldig ist. Sie hatte Vermächtnisse nicht korrekt deklariert und wurde mit einer Busse von Fr. 2'000.-- bestraft. Die Kosten des Verfahrens wurden teilweise ihr und teilweise dem Staat auferlegt. Die Verwaltungsrekurskommission hatte zuvor festgestellt, dass die Beschwerdeführerin fahrlässig gehandelt hatte, indem sie wichtige Informationen nicht angegeben hatte. Der Richter war Prof. Dr. U. Cavelti. Die Gerichtskosten betrugen CHF 1'500.--.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | B 2010/13 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 16.09.2010 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | UrteilSteuerrecht, Art. 248 StG (sGS 811.1). Rechtmässigkeit der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung durch Nichtdeklaration eines Vermächtnisses zugunsten eines minderjährigen Kindes durch die Eltern im Wertschriftenverzeichnis der Steuererklärung für Einkommen und Vermögen (Verwaltungsgericht, B 2010/13). |
Schlagwörter: | Steuer; Vermächtnis; Recht; Ehemann; Vorinstanz; Steuerhinterziehung; Verfahren; Steuer; Anspruch; Forderung; Steuererklärung; Steueramt; Sohnes; Vermögens; Beschwerde; Verfahren; Entscheid; Ehemannes; Vermächtnisse; Vertreter; Bedachte; Erblasser; Verwaltungsrekurskommission; Einkommen; Busse; Staat; Ermessensveranlagung; Sorge |
Rechtsnorm: | Art. 12 StGB ;Art. 175 DBG ;Art. 177 DBG ;Art. 484 ZGB ;Art. 537 ZGB ;Art. 562 ZGB ;Art. 95 BGG ; |
Referenz BGE: | 135 II 86; |
Kommentar: | Weimar, Berner Bern, Art. 484 ZGB ZG, 2009 |
Anwesend: Präsident Prof. Dr. U. Cavelti; Verwaltungsrichter lic. iur. A. Linder,
Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle; Gerichtsschreiber lic. iur.
Th. Vögeli
In Sachen
Y.,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A.,
gegen
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen,Abteilung I/1, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen,
Vorinstanz, und
Kantonales Steueramt,Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegner,
betreffend Steuerhinterziehung
hat das Verwaltungsgericht festgestellt:
A./ Die Eheleute X. und Y.wohnen mit ihrem 1992 geborenen Sohn B. in St. Gallen. X. ist bei der C. AG angestellt, deren Verwaltungsratspräsident er auch ist. Y.ist ebenfalls unselbständig erwerbstätig. In der Steuererklärung 2002 deklarierten die Eheleute ein steuerbares Einkommen von Fr. 201'124.-- und ein steuerbares Vermögen von
Fr. 1'387'500.--. Sie wurden vom kantonalen Steueramt mit einem steuerbaren
Einkommen von Fr. 197'100.-- zum Satz von Fr. 203'600.-- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 1'246'000.-- zum Satz von Fr. 1'395'000.-- veranlagt. Für die Staats- und Gemeindesteuern 2003 reichten sie keine Steuererklärung ein. Sie wurden in der Folge am 21. September 2005 ermessensweise mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 224'500.-- zum Satz von Fr. 230'300.-- und einem steuerbaren Vermögen von
Fr. 1'204'000.-- zum Satz von Fr. 1'348'000.-- veranlagt.
Im Wertschriftenverzeichnis der Steuererklärung 2004 deklarierten die Eheleute den Erhalt einer Erbschaft bzw. eines Vermächtnisses von M. im Betrag von
Fr. 2'300'000.--. M. war am .. Oktober 2002 in Spanien verstorben und hatte in ihrem Testament X. und B. je mit einem Vermächtnis bedacht. Die Teilung des Nachlasses fand am .. Oktober 2003 statt. Das kantonale Steueramt veranlasste am 9. Mai 2007 die Einleitung eines Nachsteuer- und allenfalls Strafsteuerverfahrens gegen Y.
Am 12. Dezember 2007 orientierte das kantonale Steueramt Y.über die Einleitung des Nachsteuerverfahrens. Nach weiteren Abklärungen teilte es ihnen mit, im Nachsteuerverfahren seien für 2002 nicht erfasste Vermögenswerte von Fr. 498'000.-- und für 2003 nicht erfasste Einkünfte von Fr. 23'000.-- und nicht erfasste Vermögenswerte von Fr. 2'300'000.-- festgestellt worden. Ausserdem wurde die Einleitung eines Untersuchungsverfahrens wegen Steuerhinterziehung angekündigt. Am 25. März 2008 wurde eine Nachsteuer für die Staats- und Gemeindesteuern der Jahre 2002 und 2003 im Betrag von Fr. 25'204.45 veranlagt. Diese Veranlagung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Am 8. Mai 2008 leitete das kantonale Steueramt wegen des nicht deklarierten Vermögenszuwachses aufgrund des Todes von M. in den Steuererklärungen 2002 und 2003 gegen X. und Y.ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung ein. Mit Strafbescheid vom 31. Oktober 2008 wurde Y. wegen Steuerhinterziehung mit Fr. 11'812.25 gebüsst, und es wurden ihr Verfahrenskosten von Fr. 550.-- auferlegt. Mit Eingabe ihres Rechtsvertreters vom 3. Dezember 2008 erhob Y. Einsprache gegen den Strafbescheid. Das kantonale Steueramt übermittelte in der Folge die Angelegenheit der Verwaltungsrekurskommission zur gerichtlichen Beurteilung. Diese behandelte die Angelegenheit an einer öffentlichen Verhandlung. Mit Entscheid vom 18. Dezember 2008 sprach sie Y. der Steuerhinterziehung hinsichtlich des Vermächtnisses des
Sohnes für die Steuerjahre 2002 und 2003 schuldig und bestrafte sie mit einer Busse von Fr. 2'000.-- (Ziff. 2). Vom Vorwurf der Steuerhinterziehung hinsichtlich des Vermächtnisses ihres Ehemannes sprach sie Y.frei (Ziff. 1). Die Kosten des Untersuchungsverfahrens von Fr. 550.-- und des Gerichtsverfahrens von Fr. 1'500.-- wurden zu einem Sechstel Y. und zu fünf Sechsteln dem Staat auferlegt (Ziff. 3). Der Staat wurde ausserdem verpflichtet, Y. mit Fr. 5'159.40 zu entschädigen. Die Verwaltungsrekurskommission erwog, X. und dessen Sohn hätten bereits mit dem Tod von M. die Forderungen aus den Vermächtnissen erworben, selbst wenn diese anfänglich nur unter der Bedingung bestanden, dass die Erbschaft angenommen werden würde. Die Vermächtnisforderungen seien daher ab dem Todestag zum Vermögen der Bedachten zu rechnen. Folglich hätte Y. im Wertschriftenverzeichnis die Frage nach dem Erhalt eines Vermächtnisses im Jahr 2002 als gesetzliche Vertreterin ihres Sohnes bejahen müssen. Für 2003 sei eine Ermessensveranlagung vorgenommen worden. Dabei hätte Y. ohne weiteres erkennen können, dass das Vermögen nach Erhalt des Legates ihres Sohnes im Jahr 2003 um Fr. 700'000.-- zu tief ausgefallen und damit unvollständig gewesen sei. Sie wäre daher verpflichtet gewesen, Einsprache zu erheben und die Vorinstanz vollumfänglich über das höhere Vermögen zu informieren. Ab Erhalt der Vermächtnisse am 21. November 2003 sei auch deren Ertrag steuerbar gewesen. Mit der Hinnahme der Ermessensveranlagung, in welcher der Ertrag des neu zugeflossenen Vermögens des Sohnes nicht erfasst gewesen und wodurch eine Steuerverkürzung eingetreten sei, sei der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung auch bezüglich des steuerbaren Einkommens 2003 erfüllt. In subjektiver Hinsicht ging die Verwaltungsrekurskommission davon aus, Y. habe ihrem Ehemann vertraut und die Steuererklärung unterzeichnet, ohne deren Inhalt zu prüfen. Wer bewusst ungelesene Urkunden unterzeichne, könne sich nicht darauf berufen, den wahren Inhalt nicht gekannt zu haben. Durch ihr passives Verhalten habe sie eine Steuerhinterziehung zumindest in Kauf genommen, ebenso bei der Ermessensveranlagung 2003.
B./ Mit Eingaben ihres Rechtsvertreters vom 15. Januar und 17. Februar 2010 erhob Y.Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, der Entscheid der Verwaltungsrekurskommission vom 18. Dezember 2009 sei in Ziff. 2 bis 4 vollumfänglich aufzuheben, sie sei von Schuld und Strafe betreffend Staats- und Gemeindesteuern 2002 und 2003 vollumfänglich freizusprechen, es seien ihr sowohl im Untersuchungsverfahren als auch im Verfahren vor der Verwaltungsrekurskommission
keine Verfahrenskosten aufzuerlegen und es sei der Staat zu verpflichten, ihr die im Verfahren vor der Verwaltungsrekurskommission geltend gemachten ausseramtlichen Kosten im Betrag von Fr. 13'957.10 vollumfänglich zu entschädigen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten des Staates. Zur Begründung wird im wesentlichen vorgebracht, der Sachverhalt in bezug auf das Steuerjahr 2002 sei unrichtig und unvollständig festgestellt worden. Es treffe nicht zu, dass ihr Sohn im Jahr 2002 ein Vermächtnis erhalten habe. Auch sei der Sachverhalt in bezug auf das Steuerjahr 2003 falsch und unvollständig festgestellt worden. Die Vorinstanz habe in krasser Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Untersuchungsgrundsatzes sowie der Unschuldsvermutung die Tatsache völlig übergangen, dass ihr Ehemann am
24. August 2005 ein fünftes Fristerstreckungsgesuch eingereicht habe. Wenn die Steuerbehörde das Fristverlängerungsgesuch entgegen ihrer Aktenführungspflicht unter den Tisch wische, um eine Ermessensveranlagung und danach ein Hinterziehungs- und Strafverfahren durchzuführen, so missbrauche sie ihre Amtsgewalt. Es könne nicht Aufgabe der Steuerbehörde sein, ein Fristverlängerungsgesuch mit einer kurzen einmonatigen Frist zu ignorieren, um ohne Ankündigung eine Ermessensveranlagung und in der Folge ein Nach- und Strafsteuerverfahren durchzuführen. Ausserdem sei der subjektive Tatbestand falsch und unvollständig festgestellt worden. Ihr Sohn habe im Jahr 2002 keinen Vermächtnisanspruch gehabt. Hinsichtlich des Jahres 2003 habe ihr Ehemann nach der zu Unrecht vorgenommenen Ermessensveranlagung der Steuerbehörde mitgeteilt, dass sich das Vermögen verändert habe. Die Erhebung einer Strafsteuer im Jahr 2003 verstosse daher gegen Treu und Glauben.
Die Vorinstanz beantragte in ihrer Vernehmlassung vom 2. März 2010 unter Hinweis auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids die Abweisung der Beschwerde.
Das kantonale Steueramt beantragte, die Beschwerde sei abzuweisen und ihr Entscheid vom 18. Dezember 2009 sei zu bestätigen.
Die Beschwerdeführerin erhielt Gelegenheit, zur Vernehmlassung des kantonalen Steueramts Stellung zu nehmen. Dies tat sie mit Eingabe ihres Rechtsvertreters vom 18. Mai 2010.
Auf die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin wird, soweit notwendig, in den nachstehenden Erwägungen näher eingegangen.
Darüber wird in Erwägung gezogen:
1. Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist gegeben (Art. 270 Abs. 1 des Steuergesetzes, sGS 811.1, abgekürzt StG; Art. 59 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt VRP). Die Beschwerdeführerin ist zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert, und ihre Eingaben vom 15. Januar und
17. Februar 2010 entsprechen zeitlich, formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Art. 270 StG in Verbindung mit Art. 269 und Art. 161 StG sowie Art. 64 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 und 2 VRP). Somit ist auf die Beschwerde einzutreten.
Die Beschwerdeführerin hat in Ziff. 1 bis 6 ihrer Beschwerdebegründung vom 17. Februar 2010 die Beschwerdeschrift ihres Ehemannes wiederholt. In Ziff. 7 und 8 werden spezifische Rügen gegen die der Beschwerdeführerin auferlegte Busse vorgebracht. Soweit unbesehen die Argumente des Ehemannes vorgebracht werden, ist auf die Beschwerde insoweit einzutreten, als der Ehemann wie die Beschwerdeführerin gesetzliche Vertreter ihres Sohnes waren.
Das kantonale Steueramt beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen und sein Entscheid vom 18. Dezember 2009 sei zu bestätigen. Diesem Antrag kann nicht entsprochen werden. Erhebt die verurteilte Person Einsprache gegen den Strafbescheid, gilt dieser als Anklage (Art. 265 Abs. 2 StG). Im Rahmen der gerichtlichen Beurteilung nach Art. 264 ff. StG hat ein Schuldspruch und/oder ein Freispruch zu ergehen. Im Beschwerdeverfahren kann der Strafbescheid bzw. die Anklageschrift nicht bestätigt werden. Lediglich Freisprüche und Schuldsprüche können aufgehoben bestätigt werden. Das Verwaltungsgericht ist an die Anträge der Beteiligten nicht gebunden (Art. 270 in Verbindung mit Art. 269 und Art. 56 Abs. 1 VRP). Daher wird im Steuerverfahren auch eine sog. Anschlussbeschwerde zugelassen.
2. Soweit das kantonale Steueramt geltend macht, die Beschwerdeführerin sei auch der Steuerhinterziehung bezüglich des Legates ihres Ehemannes schuldig zu sprechen, sind seine Ausführungen unbegründet. Nach Art. 253 Abs. 2 StG vermag das
Unterzeichnen der Steuererklärung für sich allein bezüglich der Faktoren des anderen Ehegatten keine Mitwirkung im Sinn von Art. 250 Abs. 1 StG zu begründen. Andere Mitwirkungen an der Steuerhinterziehung des Ehemannes sind nicht nachgewiesen. Eine solche Mitwirkung war auch nicht Gegenstand der Untersuchung. Im übrigen hat ein Ehegatte keine Rechtspflicht zur Überprüfung der Deklaration der Steuerfaktoren des anderen Ehegatten. Da keine zusätzlichen, über das Unterzeichnen der Steuererklärung hinausgehenden Mitwirkungshandlungen nachgewiesen sind, erfolgte der Freispruch in diesem Punkt zu Recht.
Nach Art. 250 Abs. 1 und 2 StG wird ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit des Steuerpflichtigen mit Busse bis zu Fr. 10'000.--, in schweren Fällen im Wiederholungsfall bis Fr. 50'000.-- bestraft, wer vorsätzlich als Vertreter des Steuerpflichtigen eine Steuerhinterziehung bewirkt an einer solchen mitwirkt.
Während der Ehe üben die Eltern die elterliche Sorge über unmündige Kinder gemeinsam aus (Art. 296 Abs. 1 und 297 Abs. 1 ZGB). Nach Art. 20 Abs. 2 StG werden Einkommen und Vermögen von Kindern unter elterlicher Sorge bis zum Beginn des Jahres, in dem sie mündig werden, dem Inhaber der elterlichen Sorge zugerechnet. Diesem Grundsatz der Familienbesteuerung entsprechend vertreten die Eltern als Inhaber der elterlichen Sorge ihre unmündigen Kinder im Steuerverfahren. Als Vertreter im Sinn von Art. 250 Abs. 1 StG gelten daher auch Eltern als Inhaber der elterlichen Sorge bzw. als gesetzliche Vertreter ihrer unmündigen Kinder (vgl. für die direkte Bundessteuer Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl., Zürich 2009, N 12 zu Art. 177 DBG; R. Sieber, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2. Aufl., Basel 2008, N 14 zu Art. 177 DBG). Somit war die Beschwerdeführerin - gemeinsam mit ihrem Ehemann - Inhaberin der elterlichen Sorge und gesetzliche Vertreterin des gemeinsamen Sohnes. Eine ausschliessliche rechtsgeschäftliche Vertretung des Sohnes durch den Vater bzw. Ehemann der Beschwerdeführerin, falls eine Übertragung der elterlichen Sorge bzw. gesetzlichen Vertretung auf den anderen Ehegatten überhaupt zulässig wäre, ist nicht nachgewiesen. Daher gilt die Beschwerdeführerin auch als Vertreterin ihres Sohnes. Ihr Einwand, es liege keine Vertretung im Sinn von Art. 250 Abs. 1 StG vor, erweist sich daher als unbehelflich.
Weiter wird in der Beschwerde geltend gemacht, die Vorinstanz sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass ab dem Todestag von M. die Vermächtnisforderungen zum Vermögen des Sohnes der Beschwerdeführerin zu rechnen gewesen wären. Als persönlicher Anspruch richte sich der Vermächtnisanspruch gegen den Beschwerten den/die Erben. Einen absoluten Anspruch gegen den Besitzer des Vermächtnisgegenstandes als solchen habe der Bedachte nach schweizerischem Recht nicht. Wenn wie im vorliegenden Fall Erben beschwert seien, entstünden Vermächtnisansprüche gemäss Art. 562 Abs. 2 ZGB erst, sobald die Erben die Erbschaft angenommen hätten sie nicht mehr ausschlagen könnten. M. habe die Schweizer Berghilfe als Alleinerbin eingesetzt. Vater und Sohn seien je mit einem Vermächtnis bedacht worden. Die Ausschlagungsfrist habe drei Monate betragen. Für den eingesetzten Erben habe diese Frist erst mit dem Tag zu laufen begonnen, an welchem ihm die amtliche Mitteilung der Verfügung der Erblasserin zukomme. Es sei eine gerichtsnotorische Tatsache, dass die amtliche Mitteilung vom zuständigen spanischen Amt erst im Jahr 2003 an die Schweizer Berghilfe ergangen sei. In der Befragung vor der Vorinstanz habe der Ehemann denn auch ausgesagt, dass ihm von der Willensvollstreckerin erst irgendwann im Jahr 2003 eröffnet worden sei, dass ein Testament existiere und er darin mit einem Vermächtnis bedacht worden sei.
Diese Rüge betrifft an sich die rechtliche Würdigung von Tatsachen, nicht eine fehlerhafte Feststellung des Sachverhalts. In bezug auf den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung ist in diesem Punkt zu prüfen, ob der Sohn der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Todes von M. einen Anspruch erworben hat, der dem steuerbaren Vermögen zuzurechnen ist.
Nach Art. 53 Abs. 1 StG unterliegt das gesamte Reinvermögen der Vermögenssteuer. Unter dem steuerrechtlichen Begriff des Vermögens wird gemeinhin der "Inbegriff der einer Person privatrechtlich zustehenden Sachen und geldwerten Rechte" verstanden (vgl. Blumenstein/Locher, System des Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 167 mit Hinweisen). Diese privatrechtlich zustehenden geldwerten Rechte können sowohl dinglicher als auch obligatorischer Natur sein (Blumenstein/Locher, a.a.O., S. 167).
Art. 562 Abs. 1 ZGB bestimmt, dass die Vermächtnisnehmer gegen den Beschwerten bzw. gegen die gesetzlichen eingesetzten Erben einen persönlichen Anspruch
haben. Wenn aus der Verfügung nichts anderes hervorgeht, so wird der Anspruch fällig, sobald der Beschwerte die Erbschaft angenommen hat sie nicht mehr ausschlagen kann (Art. 562 Abs. 2 ZGB).
Die Forderung des Vermächtnisnehmers entsteht ipso iure beim Tod des Erblassers. Die an keine Frist gebundene Ausschlagung lässt die Forderung rückwirkend erlöschen (vgl. P. Piotet, Schweizerisches Privatrecht, Bd. IV/2, Basel und Stuttgart 1981, S. 580). Der Bedachte erwirbt durch das ihm zugewendete Vermächtnis regelmässig eine Forderung gegen den Beschwerten. Obwohl das Gesetz in Art. 562 Abs. 1 ZGB den Begriff "Anspruch" verwendet, entsteht mit dem Tod des Erblassers erst die Forderung, denn der Anspruch setzt die Fälligkeit der Obligation voraus (B. Huwiler, Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2007, N 1 zu Art. 562 ZGB mit Hinweisen auf die Lehre). Auch für den Vermächtnisnehmer gilt der Grundsatz des eo-ipso-Erwerbs, insofern keine besondere Annahmeerklärung nötig ist. Dagegen erlangt der Vermächtnisnehmer nur einen obligatorischen Anspruch gegen den Beschwerten auf Verschaffung des ihm vom Erblasser zugedachten Vorteils (Tuor/Schnyder/Schmid/ Rumo-Jungo, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl., Zürich 2009, S. 724). Soweit sich die Beschwerdeführerin auf den Beitrag von P. Weimar (in FS Druey, Zürich 2002, S. 275 ff.) beruft, lässt sich daraus kein Argument gegen das Entstehen einer Forderung im Zeitpunkt des Todes des Erblassers ableiten. Weimar hält fest, dass der Bedachte keinen absoluten Anspruch gegen den Besitzer des Vermächtnisgegenstands hat. Er führt dann unmittelbar anschliessend aus, das subjektive Recht, das der Bedachte mit der Eröffnung des Erbgangs (dem Tod des Erblassers, Art. 537 Abs. 1 ZGB [Anmerkung des Gerichts]) gegen den Beschwerten erwirbt, sei nach allgemeiner Auffassung eine Forderung. Diese hat wie ein gewöhnliches Schuldverhältnis die vom Erblasser verbindlich umschriebene Leistung zum Inhalt (Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, a.a.O., S. 725). Weimar führt aus, der Bedachte erwerbe mit dem Erbgang ein forderungsähnliches Recht gegen den Beschwerten auf Gewährung des Vermögensvorteils. Dieses Recht könne der Bedachte, sobald es fällig geworden sei, mit einem persönlichen Anspruch durchsetzen (Weimar, Berner Kommentar, Bern 2009, N 2 zu Art. 484 ZGB). Aufgrund der zivilrechtlichen Regelung ist das Vermächtnis mit dem Erbgang in das steuerbare Vermögen des Bedachten übergegangen. Dass die Forderung im Zeitpunkt des Vermögensübergangs noch nicht fällig ist, ändert daran nichts. Die Fälligkeit einer
Forderung ist nicht Voraussetzung für die Zurechnung zum steuerbaren Vermögen. Im übrigen ist es grundsätzlich möglich, Risiken und Unsicherheiten einer Forderung bei der Veranlagung des steuerbaren Vermögens zu berücksichtigen. Nach Art. 56 Abs. 2 StG wird die Verlustwahrscheinlichkeit bei der Bewertung umstrittener unsicherer Rechte und Forderungen berücksichtigt. In objektiver Hinsicht bestehen im vorliegenden Fall allerdings keine solchen Unsicherheiten. Weder sind Steuerforderungen noch Schulden der Erblasserin nachgewiesen, die zu einer Gefährdung einem Verlust des Vermächtnisses führten. Solche Umstände müssten nach dem von der Beschwerdeführerin zitierten Verfasser einer Abhandlung zum Zufluss bzw. zur Realisation von Einkommen zumindest eine "erhebliche Unsicherheit" begründen (M. Weidmann, Realisation und Zurechnung des Einkommens, in: IFF Forum für Steuerrecht 2003, S. 99). Die Frage, ob aufgrund der konkreten Umstände davon ausgegangen werden durfte, die Erfüllung des Vermächtnisanspruchs sei aufgrund verschiedener Umstände gefährdet, ist ohnehin im Rahmen des objektiven Tatbestands nicht entscheidend.
Da die rechtskräftigen Vermögensveranlagungen der Jahre 2002 und 2003 unvollständig waren, hat die Vorinstanz den Tatbestand der Steuerhinterziehung beim Vermögen in objektiver Hinsicht zu Recht bejaht.
In subjektiver Hinsicht ist vorsätzliches fahrlässiges Handeln Voraussetzung für eine Busse wegen Steuerhinterziehung (Art. 248 Abs. 1 StG). Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, handelt vorsätzlich, wer eine Tat mit Wissen und Willen ausführt; eventualvorsätzlich handelt, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt (Art. 12 Abs. 2 StGB). Steht mit hinreichender Sicherheit fest, dass sich der Steuerpflichtige der Unrichtigkeit Unvollständigkeit der gegenüber der Steuerbehörde gemachten Angaben bewusst war, kann der Wille zur Steuerhinterziehung vorausgesetzt werden (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 43 ff. zu Art. 175 DBG). Fahrlässig handelt nach Art. 12 Abs. 3 StGB, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. Der Begriff der Fahrlässigkeit richtet sich nach Art. 12 Abs. 3 StGB (vgl. BGE 135 II 86).
Die Beschwerdeführerin machte vor der Vorinstanz an Schranken geltend, sie habe von den Vermächtnissen an ihren Ehemann und ihren Sohn nichts gewusst. Sie habe sich nicht in die Erbangelegenheiten ihres Mannes eingemischt. Für Steuerangelegenheiten sei immer ihr Ehemann zuständig gewesen. Auf die Frage nach ihrer Unterschrift auf dem Wertschriftenverzeichnis 2002 erklärte sie, sie unterzeichne alles, was ihr Mann ihr vorlege. Sie habe volles Vertrauen zu ihm. Die Frage, ob sie die Ermessensveranlagung 2003 erhalten und eingesehen habe, beantwortete sie nicht.
Die Beschwerdeführerin hat somit die Steuererklärung 2002 unterzeichnet, ohne sich um deren Inhalt zu kümmern. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, kann sie daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten und sich nicht darauf berufen, den Inhalt der Steuererklärung nicht gekannt zu haben. Wer sich überhaupt nicht darum kümmert, ob seine Angaben richtig sind, handelt eventualvorsätzlich (StE 2002, 101.21 Nr. 15).
Für das Steuerjahr 2003 ist der Beschwerdeführerin vorzuwerfen, sich nicht um ihre gesetzliche Verpflichtung zur Einreichung der Steuererklärung gekümmert zu haben. Damit nahm sie eine Steuerhinterziehung zumindest in Kauf, wie die Vorinstanz unter Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zutreffend festhält (angefochtener Entscheid S. 18 f.).
Im übrigen erscheint es weder bezüglich des Legats an ihren Ehemann noch bezüglich des Legats an ihren Sohn glaubhaft, dass die Ehefrau nichts davon wusste. Dies widerspricht bei Zuwendungen dieses Umfangs jeglicher Lebenserfahrung. Hinsichtlich des Sohnes ist dies aber nicht ausschlaggebend, da ungeachtet des Wissens um das Legat ein subjektiv vorwerfbares Fehlverhalten vorliegt, wie oben dargelegt wurde, und auch hinsichtlich des Ehemannes wäre dieser Umstand irrelevant, da die Ehefrau nicht Vertreterin ihres Ehemannes ist und sie keine Rechtspflicht für die Vornahme einer zutreffenden Deklaration von Sachverhalten zur Steuerpflicht ihres Ehemannes trifft.
Die persönlichen Verhältnisse sind nach Darstellung der Vorinstanz im Untersuchungsverfahren praktisch nicht abgeklärt worden. Die Beschwerdeführerin verweigerte aber an Schranken Aussagen zu den persönlichen Verhältnissen. Die Busse musste daher nach den bekannten Umständen bemessen werden. Die Busse von Fr. 2'000.-- bewegt sich im untersten Fünftel des Strafrahmens und unter dem
Betrag der hinterzogenen Steuer von rund Fr. 2'500.--. Ihre Angemessenheit ist nicht
zu beanstanden.
Nach Art. 269 StG gelten im Verfahren vor der Vorinstanz die Vorschriften über das Rekursverfahren sachgemäss. Gegenüber dem Strafbescheid wurde die Busse auf rund einen Sechstel reduziert. Damit ist die Kostenauflage von einem Sechstel zulasten der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Vorinstanz gerechtfertigt.
Bei einer Kostenauflage von einem Sechstel ist die ausseramtliche Entschädigung auf zwei Drittel der vollen Entschädigung festzulegen. Dies entspricht gesetzlicher Vorschrift (Art. 98bis VRP) und ständiger Praxis (vgl. R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, Diss. St. Gallen 2004, S. 183).
Die Vorinstanz hat den Ansatz für die volle Entschädigung auf Fr. 7'000.-- zuzügl. der ausgewiesenen Barauslagen von Fr. 192.50 festgelegt. Dies ergibt einen Betrag von Fr. 4'795.-- für ein Obsiegen zu fünf Sechsteln. Die in der Kostennote geltend gemachte Entschädigung von 103 Stunden à Fr. 250.-- für das Verfahren der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes wurde von der Vorinstanz zu Recht
reduziert, da weder besonders komplexe Tat- und Rechtsfragen noch ausserordentlich umfangreiche Akten vorlagen.
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen.
4. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 270 StG in Verbindung mit Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 2'000.-- ist angemessen (Art. 13 Ziff. 622 Gerichtskostentarif, sGS 941.12). Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 2'000.-- ist anzurechnen.
Ausseramtliche Kosten sind nicht zu entschädigen. Die Beschwerdeführerin ist unterlegen (Art. 98bis VRP), und der Beschwerdegegner hat keinen Anspruch auf Kostenersatz (vgl. Hirt, a.a.O., S. 176).
Demnach hat das Verwaltungsgericht
zu Recht erkannt:
./ Die Beschwerde wird abgewiesen.
./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2'000.-- bezahlt die Beschwerdeführerin unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.
./ Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.
V. R. W.
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Versand dieses Entscheides an:
die Beschwerdeführerin (durch Rechtsanwalt Dr. A.)
die Vorinstanz
den Beschwerdegegner
am:
Rechtsmittelbelehrung
Sofern eine Rechtsverletzung nach Art. 95 ff. BGG geltend gemacht wird, kann gegen diesen Entscheid gestützt auf Art. 82 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 73 StHG innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde erhoben werden.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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